Zur Problematik der Dethematisierung gesellschaftlicher Handlungsmöglichkeiten und -behinderungen in der Psychopathologie am Beispiel ›adulter ADHS‹
Die klinischen Psychologie hebt sich von den anderen Fachgebieten der akademischen Psychologie in Deutschland dadurch ab, dass sie für die mit Abstand größte Gruppe der Studierenden eine berufsvorbereitende Funktion einnimmt. Die meisten Studierenden entscheiden sich anhand der hier gelehrten Inhalte für die Schule ihrer anschließenden psychotherapeutischen Ausbildung und bestreiten ihren Berufseinstieg mit dem im Studium vermittelten Wissen der klinischen Psychologie. Mitunter prägt das hier vermittelte Menschenbild auch die gesamte weitere Berufstätigkeit. Vor diesem Hintergrund ist es besonders problematisch, dass es im Mainstreampsychologiestudium zwar viel darum geht, welche Verhaltensweisen und Empfindungen Teil welcher ›psychischen Krankheiten‹ seien, aber nie eine tiefere Auseinandersetzung damit stattfindet, was dieses ›Krankhafte‹ an sich eigentlich sei. In meiner hier vorgestellten Masterarbeit bin ich der Frage nachgegangen, welche impliziten Annahmen über den Menschen und das Mensch-Welt-Verhältnis im Konzept der ›psychischen Krankheit‹, in den gängigen Krankheitsmodellen und in den psychiatrischen Diagnosen verborgen sind. Die dabei herausgearbeitete problematische Vorstellung eines von den gesellschaftlichen Verhältnissen abstrakt-isoliert gedachten menschlichen Individuums habe ich dann im Anschluss für die psychiatrische Diagnose der ›ADHS‹ konkretisiert und an den Ergebnissen eines partizipativen (Mit-)Forschungsprozesses veranschaulicht.
Es werden keine besonderen Vorkenntnisse vorausgesetzt.