Themenstrang: »Einführung«

Referent_in: Fiona Kalkstein

Tag/Zeit: Mittwoch, 12.9.2018, 15:30–17:30 Uhr

Wer sich intensiver mit Holzkamps »Grundlegung der Psychologie« auseinandersetzt, stellt fest, dass evolutionär zwei Funktionskreise rekonstruiert werden – jenen der Lebenssicherung und jenen der Fortpflanzung. Holzkamp geht davon aus, dass Menschen nur im Bereich Lebenssicherung (auf gesellschaftlichem Niveau entspricht dies der Produktionsweise) volle Handlungsfähigkeit erlangen können, während Fortpflanzung/Sexualität lediglich ‚gesellschaftlich überformt‘ und ‚unspezifisch bio-sozial‘ bleibt. Dass der Funktionskreis Fortpflanzung/Sexualität in der heutigen Gesellschaft lediglich gesellschaftlich überformt, jedoch nicht vollständig gesellschaftlich durchdrungen ist, soll kritisch diskutiert werden. Gesellschaftlichkeit von Sexualität kann nicht losgelöst von technisch-medizinischem Fortschritt, gesellschaftlicher Organisation von Reproduktionsarbeit, Ideologien und Bedeutungsstrukturen gefasst werden. Die Entfaltung voller Handlungsfähigkeit aller Menschen fragt dabei nach materiellen Voraussetzungen, die im Kapitalismus nicht geschaffen sind. Dabei steht die Frage im Vordergrund, wie die individuelle Handlungsfähigkeit mit gesellschaftlichen Bedingungen vermittelt ist. Handlungsfähigkeit ist der Kritischen Psychologie unter anderem »lage- und positionsspezifisch«, wobei die strukturelle Vermittlung mit Kategorien wie Geschlecht (und anderen Kategorien) außen vor bleibt. Subjektive Handlungsräume sind natürlich Geschlechtsspezifisch, gesellschaftliche Nahelegungen unterschieden sich je nach Geschlecht (und anderen Differenzkategorien), genauso wie Handlungsmöglichkeiten und -einschränkungen. Diese Problematik wird in neueren Texten zur Kritischen Psychologie angedeutet. In Anlehnung an Knapp und Winker/Degele wird auf gesellschaftstheoretischer Ebene entsprechend für ein intersektionales Verständnis marxistischer Analysen plädiert.

Literaturhinweise:

Kalkstein, F. (2016). Mit der Phylogenese gegen Biologismus argumentieren. Eine feministische Weiterentwicklung Kritischer Psychologie. In: Hummel, M.; Knebel, L.; Küpper, C.; Zander, M. (Hrgs_in). Forum Kritische Psychologie, Spezial., S.122-134.

Sieben, A. & Kalkstein, F. (2015). Kritische Psychologie und (queer-)feministische Perspektiven. Journal für Psychologie, 23(2), S. 233- 258.

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